Schlagwort-Archive: Johannes Paul II

Heiliger Geist? Wer ist das?

Michael Böhnke, Professor aus dem bewegenden Wuppertal bringt mir eine Sichtweise, die meinem christlichen Leben Geist und Kraft gibt. Seine drei Bücher über den Heiligen Geist haben mich begeistert. Sie holen Vergessenes in die Gegenwart und beantworten Fragen, die im Christentum so noch nie beantwortet wurden. Für meinen Blog hat er einen Vortrag zur Verfügung gestellt, den er 2016 vor der Seelsorgeamtsleiterkonferenz gehalten hat und der seine aktuellen Untersuchungen darstellt. (HD)

Eberhard Busch hat berichtet, dass Karl Barth 1967 in einem Kolloquium über die Offenbarungskonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils den damals in Tübingen lehrenden Professor Ratzinger mit einer Frage verblüfft habe. Er wollte wissen, „ob die römisch-katholische Kirche vielleicht Angst vor dem Heiligen Geist habe: ‚Warum spielt die Tradition, auch wenn sie jetzt neu verstanden ist, immer noch eine so tragende Rolle für die katholische Kirche? Kommt das etwa aus einer Angst vor dem Heiligen Geist? Lieber Herr Ratzinger, ich frage nur, und Sie werden sich das wohl auch selbst fragen, ist Ihre Kirche vielleicht aufgebaut auf der Flucht vor dem Heiligen Geist?‘“[3]

Karl Barth

Zum Kontext dieser Anfrage ist zweierlei zu bemerken: Erstens hat Karl Barth erst in seinen letzten Lebensjahren – er ist 1968 verstorben – den Heiligen Geist wirklich entdeckt. Zwar findet sich bei Barth eine Pneumatologie, doch wird man diese als christozentrisch und in gewisser Weise als geistvergessen charakterisieren müssen. Im Rahmen seines Offenbarungsdenkens begegnet der Geist bei Barth als Kraft der Selbstvergegenwärtigung Jesu Christi. Er ist die „‘Selbstbezeugung Jesu‘ Christi“.[4] „Man kann vom Heiligen Geist und seinem Werk grundsätzlich und allgemein tatsächlich nicht mehr als dies sagen, dass er die Macht ist, in der Jesus Christus sich selbst bezeugt“, heißt es in der Kirchlichen Dogmatik.[5]

Erst im 1968 erschienenen Nachwort zur Schleiermacherauswahl formuliert Barth, dass man die gesamte Dogmatik pneumatologisch reformulieren könnte und sollte.

Joseph Ratzinger

Zweitens: Es ist unbedingt zu würdigen, dass sich Joseph Ratzinger um die Neuformulierung des Offenbarungsverständnisses und um die neue Sicht der Tradition, die durch die Dogmatische Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils Dei Verbum in der römisch-katholischen Kirche lehramtliche Geltung erlangt haben, verdient gemacht hat. Allerdings hat meinem Eindruck zufolge die Tradition während der Zeit seiner römischen Regentschaft – trotz der von ihm wiederholt betonten Vorordnung der Schrift vor Tradition und Lehramt – unter dem Label der Tradierung des Glaubens die Ausrichtung der Kirche dominiert. Ich nenne nur einige Beispiele: Die hohe Bedeutung, die er der Katechese beigemessen hat und die Wiederauflage der Textgattung Katechismus, die Grundsätze zur Konzilsinterpretation, das Entgegenkommen im Gespräch mit den Piusbrüdern, die liturgischen Reformen, all das ist vom Bemühen um Kontinuität geprägt. Das die Pastoral lange beherrschende Thema der „Weitergabe des Glaubens“ gehört dazu. Es setzt, anders als die für eine lokale Kirchenentwicklung stehende Formel der „Bezeugung des Glaubens“[6] ebenfalls auf Kontinuität als bewahrendes Element.[7]

Papst Franziskus

Nach drei Jahren Franziskus wird langsam deutlich, dass der Aspekt der Kontinuität und damit verbunden die der Tradition geltenden Sorge ein Übergewicht bekommen haben dürfte. So wird Franziskus unter diesem Aspekt bisweilen durch die Glaubenskongregation daran erinnert, dass die bewährte kirchliche Lehre nicht aufgegeben oder aufgeweicht werden dürfte. Das Normative hat sich mit dem Vergangenen verbündet. Das Künftige ist mit Franziskus allenfalls prophetisch erahnbar und durch die Hermeneutik der Barmherzigkeit präsent. Die scharfe Frage von Barth hat sich auch fünfzig Jahre später noch nicht erledigt: „…ist Ihre Kirche vielleicht aufgebaut auf der Flucht vor dem Heiligen Geist?“

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Um Himmels Willen, er darf das doch!!! Priesterinnen berufen!

Ich habe mir nicht gedacht, dass die Sakramentenlehre der katholischen Kirche noch einmal so aktuell wird. Auch dass der alte Augustinus die Kirche wieder beflügeln kann wie der Heilige Geist.

Priesterinnenweihe ist nämlich in der katholischen Sakramentenlehre leicht möglich. Die göttliche Gnade wird durch die Sakramente als solche unmittelbar mitgeteilt. Der Spender oder die Spenderin sind dabei Gottes-Medien, die sich nur richtig verhalten müssen, damit der Gnadenstrom fließen kann und Gott zum Empfänger und zur Empfängerin kommen kann. Dies wird ex opere operato oder Opus Operato genannt.

Das heißt, es kommt nicht auf den Zustand des Spenders oder der Spenderin an, sondern darauf, dass der Spender sich an die Form hält und es wollen muss. Er kann auch, wie in der Taufe, auch ein Nichtgetaufter sein. Auch die Ehefrau und der Ehemann spenden sich gegenseitig das Sakrament. Sie sind alle Gottes-Medien, durch die Gott seinen heilenden Gnadenstrom fließen lässt und sich selbst im Sakrament der Empfängerin und dem Empfänger mitteilt, offenbart.

Diese Lehre entwickelte sich aus der Frage, ob die Sakramente von einem eventuell ungläubigen Priester gültig sind und ob die Empfänger und Empfängerinnen der himmlischen Geschenke sicher sein können und dass ihnen hier Gott begegnet.

Warum Papst Johannes Paul II am 22. Mai 1994 die Frauenweihe abgelehnt hat, kann ich mir nur so erklären, dass er Moraltheologe war und kein Liturgiker war. Er kannte sich nicht aus.

Das volle Schenken Gottes geschieht dadurch, dass das Sakrament als solches richtig gespendet und gut empfangen wird. Spender und Spenderinnen der Sakramente sind dadurch Gottes-Medien, durch die Gott zu den Empfängerinnen und Empfängern kommt. Seit Augustinus ist dies katholische Lehre. Lehrer dieser Sakramentenlehre sind Petrus von Poitiers, Innozenz III. und Thomas von Aquin. Festgelegt wurde diese Lehre im Konzil von Trient. ( In der 13. Sitzung ging es um die Eucharistie, in der 23. Sitzung ging es um die Priesterweihe.)

Es spricht nach gut katholischer Lehre nichts dagegen, dass Frauen zu Gottes-Medien und damit zu Sakramentenspenderinnen geweiht werden können. Denn die Weiblichkeit oder die Männlichkeit wird nicht weitergegeben, sondern Gottes Gnadenstrom. Durch die Gottesmedien fließt der dreifaltige Gott zu den Christinnen und Christen.

Bei der Eucharistie gibt es ja ein zweites Medium, das Brot, in das hinein sich Gott begibt und das von den Gläubigen als heilendes Gottes-Therapeutikum konsumiert wird. Auch das Medium Wein muss man hier erwähnen, der in vielen Gottesdiensten als Gottes-Medium getrunken wird, sodass Christus in die Herzen der Gläubigen kommen kann und sie in der Tiefe ihrer Seele heilen kann.

Der Priester und der Bischof ruft in der Eucharistie zuerst den Heiligen Geist auf Brot und Wein herab, erzählt dann die Geschehnisse des letzten Abendmahles und spricht die Worte „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“. Dabei ist er ein Gottes-Medium, das sich für diese Wandlung, die Gott an dem Brot vollzieht, zur Verfügung stellt.

Priester und Bischöfe stellen sich als Gottes-Medien zur Verfügung und es ist nicht einsehbar, warum nicht auch Priesterinnen und Bischöfinnen sich berufen wissen sollen, sich zur Verfügung zu stellen. Warum soll Gott keine Frauen zum Sakramentenspenden berufen? Um Himmels Willen, er darf das doch!!!

Quellen:
Wandinger Nikolaus, Ein Sakrament wirkt, was es bezeichnet (Hokuspokus oder die Leibhaftigkeit der Liebe Gottes?) in: Sakramente – Tote Riten oder Quelle der Kraft? Innsbruck 2008, 9-38.
Opus operatum – opus operantis, Neues Theologisches Wörterbuch
Gottfried Martens, Ex opere operato – Eine Klarstellung (PDF)
Christiane Florin, Silberhochzeit aus Stahlbeton, May 22, 2019
Ex opere operato, Wikipedia
Eckhard Nordhofen, Corpora, Die anarchische Kraft des Monotheismus, Das Medium der Vorenthaltung 2018

Die Silberhochzeit aus Stahlbeton zwischen einem Büchlein und einer Frau

Am 22. Mai 2019 wurde das päpstliche Schreiben Ordinatio Sacerdotalis 25 Jahre alt. Jeder katholische Mensch ist, ob frei- oder widerwillig, mit dem Mann in Rom liiert.

Christiane Florin schreibt gegen eine Betonwand.

Wäre es eine Ehe zwischen „Ordinatio Sacerdotalis“ und mir, so begingen wir heute Silberhochzeit. Wobei das Silber stark ins Grau hinüberspielt.
An jenem 22. Mai 1994 feierte die Christenheit Pfingsten. Der Heilige Geist muss an diesem Tag über den Vatikan im Aggregatzustand des Stahlbetons herab gekommen sein. Die katholische Kirche ist nicht befugt, Frauen zu Priesterinnen zu weihen! Niemals! Das war die Pfingst-Botschaft des Papstes. Hätte Johannes Paul II. den Raumausstatter aus Loriots Film „Ödipussi“ um einen passenden Einband für sein Schreiben gebeten, der Fachmann hätte wohl aus seinen 28 Shades of Grey die Schattierung „zementgrau“ gewählt, mit Einsprengseln in Asch- und Bleigrau.

Weiterlesen: Silberhochzeit aus Stahlbeton

Diese Sünder lieben und die Sünden hassen

Bordat Josef Von Ablaßhandel bis Zölibat

Das Buch liegt griffbereit auf meinem Schreibtisch

Ich lese gerade mit Vergnügen die Sünden der Katholischen Kirche, die Josef Bordat zusammengestellt hat.
Er erläutert kenntnisreich 36 angebliche Baustellen der Katholischen Kirche. Als Katholik schmerzt es mich, wenn ich von Fehlern der Verantwortlichen in der Kirche lesen muss. Bei Bordat ist aber der Grundsatz von Paulus, die Sünde zu hassen und den Sünder zu lieben erkennbar. Er dokumentiert kenntnisreich und sachlich die kontroversen Themen, sodass die Fakten für sich sprechen und die Liebe nicht zu kurz kommt.

Neu war für mich, dass Papst Gregor IX im 13. Jahrhundert die gebotene Toleranz den Juden gegenüber auf die Goldene Regel brachte: Es ist den Juden jenes Wohlwollen entgegenzubringen, das wir im Heidenland den Christen gewährt zu sehen wünschen. Viele Größen der mittelalterlichen Theologie wie Hugo von St. Viktor, Bernhard von Clairvaux und Hildegard von Bingen haben sich wohlwollend mit dem Judentum befasst. Auch die Tagebuchnotiz des römischen Oberrabbiners war für mich neu, der Pius XII wegen der Rettung der hunderttausend Jüdinnen und Juden in der NS-Herrschaft lobt.

Vergnüglich für mich die kirchliche Sicht, dass die Hierarchie einer Frau, nämlich Maria untergeordnet ist, wie es Johannes Paul II und Papst Franziskus betonen. Maria ist wichtiger als die Apostel und ihre Nachfolger, die sich vor ihr verneigen müssen.

Josef Bordat zitiert die neueste historische Forschung, die mit einigen Vorurteilen zum Beispiel zu Hexen und Ketzern aufräumt. Es ist zum Unterschied von vielen trockenen Sachbüchern gut lesbar und flüssig geschrieben.

Dieses Sachbuch „Von Ablasshandelt bis Zölibat, Das „Sündenregister“ der Katholischen Kirche“ von Josef Bordat ist ein rundum kontroverses und sehr anregendes Buch, das ich für die Weihnachtszeit nur empfehlen kann.

Josef Bordat: Von Ablasshandel bis Zölibat, Das „Sündenregister“ der Katholischen Kirche, 17,90 EUR, (inkl. 7,00% MwSt. und zzgl. Versandkosten), ISBN: 978-3-942605-16-8
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Josef Bordats Webblog