Die Corona-Krise offenbart eine Pastoralmacht, die der Staat derzeit stark beansprucht, wie auch die Kirche, die sie aber gerade derzeit nicht hat.
Krisen sind außergewöhnliche Zeiten, weil sie Schlaglichter auf Zusammenhänge werfen, die Vergessenes, Verdrängtes und Verschämtes offenbaren. Die Corona-Krise offenbart eine Pastoralmacht, die der Staat hat und derzeit auch stark beansprucht, die allerdings auch die Kirche beansprucht, aber gerade derzeit nicht hat.
Es spielt sich auf offener Bühne ab und hat etwas Atemberaubendes jenseits von Covid-19. Es handelt sich um die Macht einer Fürsorge, die mit Disziplinierungen einhergeht, welche sich schließlich durch Selbstdisziplinierungen vollenden.
Für den Gebrauch dieser Macht gilt, zugleich alle im Blick zu haben wie jede einzelne Person und das so zu tun, dass das Wohl sowohl des individuellen Subjektes wie der kollektiven Gemeinschaft verfolgt wird. Es verbietet sich für diese Macht, bloß auf das Glück der größtmöglichen Zahl hin zu agieren, für das dann Opfer unter weniger Glücklichen in Kauf genommen werden – also jene Strategie, die ursprünglich die Regierung von Boris Johnson wie auch die Fußball-Bundesliga verfolgt hatten, als sie auf das möglichst schnelle Herstellen von Herdenimmunität setzten und deshalb die Leute weiter in Massenevents lockten. Bei der Pastoralmacht verbietet sich dieses Kalkül, vielmehr muss sie den Gegensatz zwischen dem Wohl aller und dem Wohlergehen jedes Einzelnen strikt vermeiden.
Quelle und weiterlesen: Pastoralmacht. Was die Corona-Krise über Staat und Kirche freilegt – feinschwarz.net, Hans-Joachim Sander ist Professor für Dogmatik an der Universität Salzburg. Bild: Rainer Bucher (Konstantinsbasilika, Trier)
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