Archiv der Kategorie: Staat

Volle Verzweiflung und trotzdem König

Warum sagte Jesus: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Vor dem Konzert half uns jemand, der mir zwei Fragen stellte: Warum sagte Jesus am Kreuz: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich sagte darauf, dass Gott die Verzweifelten, die sich von Gott verlassen sehen, auffängt. Er ist als Sohn Gottes in diese volle Verzweiflung hineingestiegen und hat die Erfahrung gemacht, von Gott voll und ganz verlassen zu sein.
Gott fängt die voll Verzweifelten auf, wie er seinen voll verzweifelten Sohn auffing.

Warum zog Jesus als König in Jerusalem ein?

Ich antwortete: Er ritt auf einem Friedenstier ein und als er von Pilatus gefragt wurde: „Bist du ein König?“ Sagte er: „Ja, ich bin ein König, aber mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Das Christentum im Westen griff das auf und trennte Staat und Kirche.

Geistliche Texte von Sophie Scholl (1921–1943)

100 Jahre Sophie Scholl. Widerstand gegen Hitler:

Manchmal, wenn ich den Namen Gottes ausspreche, will ich in ein Nichts versinken.

Ich habe mir vorgenommen, jeden Tag in der Kirche zu beten, damit Gott mich nicht verlasse. Ich kenne Gott ja noch gar nicht und begehe sicher die größten Fehler in meiner Vorstellung von ihm, aber er wird mir das verzeihen, wenn ich ihn bitte. Wenn ich ihn von ganzer Seele lieben kann, dann werde ich meinen schiefen Blick verlieren. Wenn ich die Menschen um mich herum sehe, und auch mich selbst, dann bekomme ich Ehrfurcht vor dem Menschen, weil Gott seinetwegen herabgestiegen ist. Auf der anderen Seite wird mir dies dann immer am unbegreiflichsten. Ja, was ich am wenigsten an Gott begreife, ist seine Liebe.

Weiterlesen und Quelle: Christ in der Gegenwart. 9.5.2021
Sophie Scholl. * 9. Mai 1921 in Forchtenberg; † 22. Februar 1943 in München.

Die Pastoralmacht ging von der Kirche zum Staat

Die Corona-Krise offenbart eine Pastoralmacht, die der Staat derzeit stark beansprucht, wie auch die Kirche, die sie aber gerade derzeit nicht hat.

Krisen sind außergewöhnliche Zeiten, weil sie Schlaglichter auf Zusammenhänge werfen, die Vergessenes, Verdrängtes und Verschämtes offenbaren. Die Corona-Krise offenbart eine Pastoralmacht, die der Staat hat und derzeit auch stark beansprucht, die allerdings auch die Kirche beansprucht, aber gerade derzeit nicht hat.

Es spielt sich auf offener Bühne ab und hat etwas Atemberaubendes jenseits von Covid-19. Es handelt sich um die Macht einer Fürsorge, die mit Disziplinierungen einhergeht, welche sich schließlich durch Selbstdisziplinierungen vollenden.

Für den Gebrauch dieser Macht gilt, zugleich alle im Blick zu haben wie jede einzelne Person und das so zu tun, dass das Wohl sowohl des individuellen Subjektes wie der kollektiven Gemeinschaft verfolgt wird. Es verbietet sich für diese Macht, bloß auf das Glück der größtmöglichen Zahl hin zu agieren, für das dann Opfer unter weniger Glücklichen in Kauf genommen werden – also jene Strategie, die ursprünglich die Regierung von Boris Johnson wie auch die Fußball-Bundesliga verfolgt hatten, als sie auf das möglichst schnelle Herstellen von Herdenimmunität setzten und deshalb die Leute weiter in Massenevents lockten. Bei der Pastoralmacht verbietet sich dieses Kalkül, vielmehr muss sie den Gegensatz zwischen dem Wohl aller und dem Wohlergehen jedes Einzelnen strikt vermeiden.

Quelle und weiterlesen: Pastoralmacht. Was die Corona-Krise über Staat und Kirche freilegt – feinschwarz.net, Hans-Joachim Sander ist Professor für Dogmatik an der Universität Salzburg. Bild: Rainer Bucher (Konstantinsbasilika, Trier)

Kann sich der Islam mit dem Verfassungsstaat versöhnen

Der Rechtsphilosoph Ernst-Wolfgang Böckenförde prägte die Formulierung, dass der freiheitliche Staat von Voraussetzungen lebe, die er selbst nicht garantieren könne. Böckenfördes Skepsis gegenüber dem Islam und seine migrationspolitischen Empfehlungen hingegen sind weitgehend unbekannt, aber brisant.

Wird sich der migrationsbedingt und aufgrund höherer Geburtenraten in westlichen Ländern zunehmend stärker vertretene Islam in Zukunft, analog den christlichen Kirchen, mit dem säkularen Verfassungsstaat und der Religionsfreiheit theologisch versöhnen können? Und was wäre, wenn darauf keine Aussicht bestünde?

Quelle: Kann sich der Islam mit dem Verfassungsstaat versöhnen