Archiv der Kategorie: Mystik

Seine Liebe ist das Wasser, das wir trinken

Ich liebe die Gedanken des Mystikers Ernesto Cardenal. Sie haben mir in meinem Leben sehr geholfen, die Kälte der Welt und der Menschen zu ertragen und mir einen Blick auf das Dahinter geöffnet.

Er schreibt: Die ganze Natur ist Caritas, aber nur die Mystikerin und der Mystiker erleben diese Art von Liebe mit der eigenen Erfahrung. Die Liebe Gottes umgibt uns von allen Seiten. Seine Liebe ist das Wasser, das wir trinken, die Luft, die wir atmen und das Licht, das wir schauen. Alle natürlichen Phänomene sind nichts Anderes als verschiedene materielle Formen der Liebe Gottes. Wir bewegen uns in Seiner Liebe wie der Fisch im Wasser. Und wir sind so nahe bei Ihm, so durchtränkt von Seiner Liebe und Seinen Gaben (wir sind selbst eine Gabe Gottes), dass wir es gar nicht merken, weil uns die Perspektive fehlt. Seine Liebe hüllt uns von allen Seiten ein, darum spüren wir sie nicht, wie wir auch den Druck der Atmosphäre nicht spüren.

Die Natur ist die fühlbare, die materialisierte Liebe Gottes. Seine Vorsehung ist sichtbar in allem, was wir anschauen. Aber die Menschen hasten durch die Straßen, voller Sorgen und ohne einen Augenblick innezuhalten und an Ihn zu denken, an Ihn, der sie von allen Seiten einhüllt, der die Haare auf ihrem Haupte gezählt hat und alle ihre Zellen.

Warum sorgen wir uns dann eigentlich?

Weiterlesen

In jedem Innern brennt der gleiche Durst

Ernesto Cardenal 1925-2020

Der Dichter, Priester und Befreiungstheologe Ernesto Cardenal kämpfte bis zuletzt für eine gerechtere Welt. Seine Poesie hat mich sehr beeindruckt und mir geholfen. Sein Buch von der Liebe beginnt mit dem existentiellen Durst, den wir Menschen erleben können:

Der Durst

In den Augen aller Menschen wohnt eine unstillbare Sehnsucht. In den Pupillen der verschiedenen Menschen, in den Blicken der Kinder und Greise, der Mütter und liebenden Frauen, in den Augen des Polizisten und des Angestellten, des Abenteurers und des Mörders, des Revolutionärs und des Diktators und in denen des Heiligen: in allen wohnt der gleiche Funke unstillbaren Verlangens, das gleiche heimliche Feuer, der gleiche tiefe Abgrund, der gleiche unendliche Durst nach Glück und Freude und Besitz ohne Ende. Dieser Durst, den alle Wesen spüren und von dem auch im Gleichnis von der Samariterin am Brunnen gesprochen wird, ist die Liebe zu Gott.

Um dieser Liebe willen werden alle Verbrechen begangen und alle Kriege gekämpft, ihretwegen lieben und hassen sich die Menschen. Um dieser Liebe willen werden Berge bestiegen und die Tiefen der Meere erforscht, für sie wird geherrscht und intrigiert, gebaut und geschrieben, gesungen, geweint und geliebt. Alles menschliche Tun, sogar die Sünde, ist eine Suche nach Gott, nur sucht man Ihn meistens dort, wo er am wenigsten zu finden ist.

Weiterlesen