In Wien gab es am österreichischen Nationalfeiertag ein Treffen zwischen Oberrabbiner Arie Folger, Kardinal Christoph Schönborn und Oskar Deutsch, dem Präsidenten der Israelischen Kultusgemeinde (IKG). Dabei überreichte Arie Folger das Dokument „Zwischen Jerusalem und Rom“, hinter dem Vertreter der europäischen Rabbinerkonferenz, des Oberrabbinats in Israel und der orthodoxen Rabbiner in den USA stehen.
Den Vorsitz der Autorenkommission hatte der Wiener Oberrabbiner Arie Folger inne. Das Dokument, das Anfang September in Rom Papst Franziskus überreicht wurde, gilt als erste offizielle Antwort von rabbinischen Organisationen zum Konzilsdokument „Nostra aetate“.
In dem Schreiben würdigen die Vertreter des Judentums dieses Konzilsdokument „Nostra aetate“ über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen und erklären zu den Beziehungen mit der katholischen Kirche: Die Rabbiner wollten partnerschaftlich und solidarisch gemeinsam mit den Christen für Toleranz, für eine positive Einstellung zu anderen Religionen, gegen Hass und für den Frieden eintreten – trotz theologischer Differenzen.
In dem Dokument wird nicht nur auf die Initiative von Papst Johannes Paul II hingewiesen, der 1994 schrieb: „Zu Recht nimmt sich die Kirche, während sich das zweite christliche Jahrtausend seinem Ende zuneigt, mit stärkerer Bewusstheit der Schuld ihrer Söhne und Töchter an“. Es werden auch zwei Männer hervorgehoben, die Helden der Geschichte genannt werden:
Abt Bernard von Clairvaux während der Kreuzzüge und Jules-Géraud Kardinal Saliège von Toulouse während des Zweiten Weltkriegs.
Als während der Kreuzzüge ein Zisterziensermönch begann, die Deutschen zu mahnen, Juden zu vernichten, bevor sie den Krieg gegen die Muslime führten, schritt Abt Bernard von Clairvaux persönlich ein, um dies zu beenden. Wie Rabbiner Efraim von Bonn schrieb: „Ein ehrbarer Priester namens Bernhard, eine große Gestalt und ein Meister aller Priester, die ihre Religion kannten und verstanden, sagte zu ihnen: ‚Mein Schüler, der predigte, dass die Juden vernichtet werden sollten, sprach unzulässig, denn es steht für sie im Buch der Psalmen geschrieben: ‚Tötet sie nicht, damit mein Volk nicht vergisst.‘ Alle Leute betrachteten diesen Priester als einen ihrer Heiligen, und unsere Nachforschung ergab nicht, dass er Bestechungsgelder annahm, um gut von Israel zu sprechen. Als sie dies hörten, beendeten viele von ihnen ihr Tun, das über uns den Tod brachte“ (Sefer Zekhirah, hg. von A.M. Haberman, S. 18).
Jules-Géraud Saliège (24. Februar 1870 – 5. November 1956) war von 1928 bis zu seinem Tod der katholische Erzbischof von Toulouse und eine bedeutende Persönlichkeit des katholischen Widerstandes gegen das Pro-Nazi-Regime in Frankreich. Er wurde 1946 von Papst Pius XII. zum Kardinal ernannt. Jad WaSchem ehrte ihn als Gerechten unter den Völkern für seine Verdienste, Juden während der Schoa geschützt zu haben.
Die Autoren des Dokuments „Zwischen Jerusalem und Rom“ sehen tiefgreifende theologische Unterschiede, trotzdem „teilen Katholiken und Juden den Glauben an den göttlichen Ursprung der Tora und an eine endgültige Erlösung und nun auch in der Bekräftigung, dass Religionen moralisches Verhalten und religiöse Erziehung einsetzen – nicht Krieg, Zwang oder sozialen Druck –, um Einfluss auszuüben und Inspiration zu geben.“
Sie schließen mit dem Ziel, zusätzliche Wege zu suchen, „die es uns ermöglichen, gemeinsam die Welt zu verbessern: auf Gottes Wegen zu gehen, die Hungrigen zu ernähren und die Nackten zu bekleiden, den Witwen und Waisen Freude zu bereiten, Zuflucht den Verfolgten und Unterdrückten zu gewähren und so Seinen Segen zu verdienen.“
Im Zweiten Vatikanischen Konzil (1963-65) stellte die katholische Kirche fest:
„Die Kirche glaubt, daß Christus, unser Friede, Juden und Heiden durch das Kreuz versöhnt und beide in sich vereinigt hat. Gewiß ist die Kirche das neue Volk Gottes, trotzdem darf man die Juden nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen, als wäre dies aus der Heiligen Schrift zu folgern. Darum sollen alle dafür Sorge tragen, daß niemand in der Katechese oder bei der Predigt des Gotteswortes etwas lehre, das mit der evangelischen Wahrheit und dem Geiste Christi nicht im Einklang steht.
Im Bewußtsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle VerfoIgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums alle Haßausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit und von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet haben. Auch hat ja Christus, wie die Kirche immer gelehrt hat und lehrt, in Freiheit, um der Sünden aller Menschen willen, sein Leiden und seinen Tod aus unendlicher Liebe auf sich genommen, damit alle das Heil erlangen. So ist es die Aufgabe der Predigt der Kirche, das Kreuz Christi als Zeichen der universalen Liebe Gottes und als Quelle aller Gnaden zu verkünden.“
Quellen:
Nostra Aetate
Orf Religion
Jewish-Christian Relations
Kathpress
Links: Jüdische Allgemeine
Zenit
Heute
katholisch.de
Radio Vatikan
Domradio.de