Beim Begräbnisgottesdienst meiner Mutter sagte ich: Liebe Mutter Inge, du hast dich in die Hände des gütigen Gottes fallen lassen. Ich hoffe, du kommst auf der anderen Seite lebendig heraus und kannst über die Herrlichkeit Gottes nur staunen.
Jetzt überlege ich mir, was ich selbst erleben werde, wenn ich sterbe und auf die andere Seite komme. Kommt mir dann Gott in seiner Güte wirklich entgegen? Fängt er mich auf, macht er mich lebendig, kann ich über seine Herrlichkeit nur staunen? Treffe ich auf andere Menschen? Es wird eine aufregende Sache.
Im Gottesdienst macht uns der Heilige Geist und Christus jetzt schon sozial und seelisch lebendig. Mit Lazarus kann ich sagen: Ich war tot und jetzt lebe ich!
Der Fortschritt und die Zukunft wurden von Gott dem Abraham gezeigt. Dieser lebte in einer Welt des Kreislaufes von Sommer und Winter, von Regenzeit und Trockenzeit. Der Kreislauf bestimmte das Leben. Abraham bekam von Gott den Auftrag, diese Kreislaufwelt zu verlassen. Gott versprach ihm ein Land voll Milch und Honig und Nachkommen so zahlreich wie Sand am Meer und wie Sterne am Himmel. Der Kreislaufgedanke wurde von Gott durchbrochen und ein Ziel wurde dem Abraham gegeben. Die Zukunft wurde eine Mischung aus dieser Welt und einer Welt des Jenseits. Kleine Schritte verbessern diese Welt und bauen mit an der Welt in Gott.
Ein solch kleiner Schritt in die Zukunft geschah in der Pfarre Breitenfeld in Wien. Ehrenamtliche dämmten zwei Pfarrgebäude. Konkret wurden die Decke des Pfarrhauses, die Decke des Jungscharzimmers und die Gewölbe von Sakristei und Marienkapelle gedämmt. Das hilft gegen den Klimawandel und spart Energie.
Ein kleiner Schritt geschah heute, als ich mit einem Nachbarn ein Handy reparierte. Reparieren ist besser als wegwerfen.
Der Heilige Geist ist keine Taube. Er wird in den Evangelien mit einer Taube nur verglichen. Aber nicht nur in den Evangelien, sondern auch im Buch Genesis schwebte der Geist wie ein Muttervogel über dem Wasser. Wir wissen, dass Religionen in Bildern sprechen. Die Bilder haben nur eine geringe Ähnlichkeit mit Gott. Es gibt sogar einen Grundsatz, dass die Unähnlichkeit viel größer als die Ähnlichkeit ist.
Wenn Gottes Geist über Jesus kommt, dann kann man das mit einer mütterlichen Taube vergleichen, die über Jesus schwebt, ihn mit ihren Flügeln berührt, bestärkt und inspiriert. Er gibt uns den Geist weiter, sodass viele Menschen durch Gottes Geist berührt, bestärkt und inspiriert werden. Einige setzen sich für Obdachlose ein, einige für die Umwelt, für die Gemeinschaft, für Kranke und für die Musik. Ich glaube, der Heilige Geist stärkt sie wirksam.
Sei gesegnet mit dem Heiligen Geist, der dich berührt, bestärkt und inspiriert!
Der Adventkranz gibt dem Raum vorweihnachtliche Atmosphäre und regt an, gemeinsam zu singen. In dieser Adventzeit merke ich, dass Gott liebevoll im Hintergrund handelt. Es fügt sich vieles, was vorher nicht möglich war. Er kommt zu uns nicht nur in unsere Herzen, wie es der Romantiker Angelus Silesius weiß, sondern auch über unsere Augen durch das Licht der Kerzen. Da strahlt auch ein fast unbemerkbares Licht vom Kind aus Betlehem zu uns.
Dieses Sinnliche kann ich auch in den Gottesdiensten wahrnehmen. Gott wird mir im Brot und im Wein sinnlich und spannend wahrnehmbar. Es ist für mich ein Privileg, in die Kirche zum Gottesdienst zu gehen und Gott zu begegnen. Dies wirkt sich merkbar im Leben aus.
Es entwickelt sich bei mir eine gewisse Distanz zu den Heiligtümern dieser Welt wie dem Konsum. Ich bekomme Lust, ein Buch zu lesen und Freunde anzurufen. Das Schöne und Gute ist ein wunderbarer Vorgeschmack des Paradieses und umgekehrt wird vieles, was wir in dieser Welt erleben und gestalten ein Teil des göttlichen Himmels. Auch das Gute. Auch das Schöne. Und auch die lieben Menschen.
Die Nobelpreisträgerin Nelly Sachs beeindruckt mich. Sie schreibt: „Wenn die Propheten einbrächen. Ohr der Menschheit, du nesselverwachsenes, würdest du hören?“ Ich frage mich: Wenn Gott zu uns kommt: Würden wir ihn hören?
Die Zachäusgeschichte ist eine meiner Lieblingsgeschichten. Dieser Zachäus ist ein zögerlicher und reicher Mann, der auf einen Baum klettert, um Jesus zu sehen. Er hört den Zuruf Jesus. „Zachäus, komm schnell herunter! Ich muss heute in deinem Haus bleiben.“ Die Begegnung mit Gott kann vieles lösen. Hier kommt Gott in der Figur des Jesus zu einem Mann, der mit den unreinen Römern zusammenarbeitet und für die Juden unrein ist. Zachäus muss aber sich und sein Haus nicht reinigen, damit der Sohn Gottes eintritt. Jesus sprengt den Rahmen der Gesetze von Unreinheit und Reinheit und ermöglicht Lösungen und Heilungen. Zachäus freute sich. Ich denke, die Propheten sind bei Nelly Sachs Figuren der Transzendenz, Figuren für Gott. Wir alle haben relativ fixe Annahmen über die Wirklichkeit. Wenn Gott aber in unser Leben einbricht, dann werden unsere Annahmen über die Welt gesprengt, dann sind Lösungen und Heilungen möglich. Dann kann ich auch ein einfaches Leben führen. Ich erfahre, dass er da ist und uns treu bleibt. Der Text zu Zachäus Lukas 19. Nelly Sachs Wenn die Propheten einbrächen
Es ist schon eine eigenartige Welt. Da gibt es Menschen, die Kriege führen und das Klima zerstören, aber zur gleichen Zeit gibt es Menschen, die lieben andere, pflegen Kranke, trösten Trauernde, verzeihen einander, beschützen die Natur und sehnen sich nach Gerechtigkeit und Frieden. Es gibt verschlossene Herzen und es gibt offene Herzen. . Ich habe von einem meiner Söhne das Meditationsbuch von Bernhard von Clairvaux „Das Herz weit machen“ geschenkt bekommen. Bernhard beginnt mit dem Satz: Hört die innere Stimme; seid bestrebt, mehr von innen heraus die Stimme Gottes als von außen die Stimme eines Menschen zu vernehmen. Bernhard erkennt, dass die Stimme Gottes ganz stark ist und es eine Anstrengung braucht, sie nicht zu hören. Wenn ich seine Stimme in mir zulasse, ändert sich vieles. Ich kann zu seinem Willen „Ja“ sagen. Dann kann es passieren, dass sich ein Handlungsspielraum für ihn eröffnet. Wir können, so glaube ich, Gottesmedien werden, durch die Gott bemerkt oder unbemerkt wirken, lieben und handeln kann.
Umkehr der Herzen
Der Priester und Moraltheologe Michael Rosenberger, Professor für Moraltheologie an der Katholischen Privatuniversität Linz, forscht intensiv auf dem Gebiet Schöpfungsspiritualität. In seinem Vortrag am „Inspirationstag Laudato Si'“ (St. Florian, Wien) sprach er über die notwendig gewordene Umkehr unseres ökonomischen und ökologischen Lebensstiles. Hier ist seine berührende Rede zum Umkehr unserer Herzen.
(Bild: Bernhard von Clairvaux, Abtei von Fontenay)
Ich staune über jenen Menschen, der so stark in Gott verwurzelt war, dass er sagen konnte: „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“ (Psalm 18,30b). Ich würde diesen starken Glauben gerne selbst haben. Im Nachhinein bin ich Gott für vieles dankbar. Dass ich noch immer lebe, dass wir in der Familie gesund sind, dass wir uns verstehen, dass wir genug zum Leben haben, dass ich Freunde habe, dass ich in einer Gottesdienstgemeinde bin. Ich glaube, dass Gott mich immer wieder beschenkt hat und durch Schwierigkeiten hindurchgeführt hat. Ich vertraue ihm, dass er seine beschützende Hand über uns weiter hält. Ich vertraue ihm.
Putin kündigt eine Generalmobilmachung in Russland an, um den Krieg in der Ukraine fortsetzen zu können. Der deutsche Kanzler spricht von russischem Imperialismus. Mir fällt dazu das Gebet einer jungen Frau ein, die betete: „Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ (Lukas 1,46.52) In der Geschichte sind schon viele Diktatoren gestürzt worden und die Niedrigen wurden erhöht. Wenn nicht auf Erden, dann im Himmel, so glaube ich. Einige sind überrascht, wenn ich von meinem Glauben erzähle, dass alle Menschen nach dem Tod zu Gott kommen. Ich habe mit jemandem gesprochen, der mich ungläubig anschaute und fragte: Auch die, die nicht an Gott glauben? Ich habe den Eindruck, dass einige vermuten, dass nach dem Tod nur jene zu Gott kommen, die auch an ihn glauben. Die anderen existieren dann eben nicht mehr. Ich hingegen glaube, dass auch die Ungläubigen zu Gott kommen. Einige sagen auch: „Man weiß es nicht.“ – Ja, es ist ein Glaube, ein Vertrauen. Ich werde dann mit der Meinung konfrontiert: „Es ist ja noch niemand zurückgekommen.“ – Ja, es ist noch niemand so zurückgekommen, dass man es beweisen könnte. Aber Jesus ist nach seinem Tod zurückgekommen und den vielen Jüngerinnen und Jüngern erschienen, so glaube ich. Dieser Glaube wirkt in der Geschichte, sodass Mächtige vom Thron stürzen und Niedrige erhöht werden.
Beim Tanzen habe ich den Unterschied zwischen Standbein und Spielbein gelernt. Auch beim einfachen Gehen wechseln wir zwischen Standbein und Spielbein. Das Standbein bleibt beim Schritt mit dem Boden verbunden, während das Spielbein den Boden verlässt, das Knie leicht knickt und sich vom Boden hebt.
In meinem Leben ist die Beziehung zu Gott das Standbein und die Arbeit und das Handeln das Spielbein. Dadurch hoffe ich fest in Gott zu stehen und die Bewegung wird zum lockeren Gestalten der Welt. Wenn wir uns weiterbewegen, wird das Spielbein zum Standbein und das Standbein wird zum Spielbein. Das zeigt mir, dass die Beziehung zu Gott immer neu passiert. Es zeigt aber auch, dass ich alle Bilder, die ich von Gott habe, fahren lassen muss. Es bleibt allein die Beziehung und das Du. Und da kann es passieren: Er ereignet sich, handelt unvorhergesehen, überraschend. Alles wird neu.
Ein Freund meinte: „Die Erde kreist um die Sonne, die größer ist und wir Menschen sollten um Gott kreisen, der auch größer ist.“ Er meinte, dass einige um sich selbst kreisen und deshalb einen harten Ungeist entwickeln. Wenn sie hingegen um Gott kreisen, dann löse sich das Harte und Verkrampfte. Ich kenne Menschen, die um eine schlimme Ideologie oder um ein Suchtmittel kreisen. Eine Frau erzählte mir, dass für ihren Mann die Arbeit sehr wichtig war und er jetzt in der Pension dem Alkohol verfallen ist. Seine Gedanken kreisen um diesen seinen Gott und er ist nicht einsichtig, dass er krank und mit dem Alkohol verheiratet ist. Seine Frau kann nur mehr die Scheidung einreichen. Ich denke, ich werde mich öfters fragen müssen, worum ich kreise. Manches kann ich aufgeben. So wie es Jesus lebte, der das eigene Leben hingegeben hat und das große gemeinsame Leben gewann.