Der Einmarsch des russischen Heeres am 24. Februar 2022 in die Ukraine veränderte alles. Der Friede ist vorbei. Der Krieg begann aber schon 2014 mit dem Überfall auf die Krim und die Städte Lugansk und Donezk. Jetzt erkennen wir, dass diese Verletzung des Völkerrechts viel stärker geahndet hätte werden müssen. Die schwachen Sanktionen reizten Putin, einen größeren Krieg zu beginnen. Lange haben wir uns über den Frieden unterhalten, aber das Phänomen Krieg nicht beachtet. Das geschah auch aus Angst, dass der Krieg beginnt. Diese Angst müssen wir überwinden und uns fragen: Was ist das Phänomen Krieg? Ein Versuch der Annäherung.
Der Krieg ist eine Gewaltausübung des Menschen, bei dem Territorien erobert werden. René Girard sieht beim Lesen des Buches von Clausewitz[1], dass der Verteidiger den „Krieg beginnt und zugleich beendet.[2]“. Er sieht, dass der Angreifer etwas begehrt, was der andere besitzt. Diese Gier entsteht aus der Nachahmung des Gegners, der sein Land liebt. Diese Liebe wird nachgeahmt. Der Angreifer begehrt das Land, fällt in das Land ein und muss mit Widerstand rechnen. Ein Angriff auf ein Land, das sich nicht verteidigt, ist kein Krieg, sondern ein Raubzug. Wobei bei einem Raubzug auch Gräuel vorkommen. Krieg ist also Angriff und Verteidigung.
Diese Auseinandersetzung wurde versucht durch Gesetze zu regeln. Im Kriegsrecht[3] dürfen Gegner, „Kombattanten“ angegriffen werden, aber nicht Zivilisten. Wer unbewaffnete Zivilisten verletzt oder tötet, begeht ein Kriegsverbrechen. Soldaten müssen mit Abzeichen wie Armschleifen erkennbar sein.
Clausewitz und Girard sehen im Krieg eine Dynamik der Zerstörung „bis zum Äußersten“. Wenn der Hass, die Leidenschaften groß und größer werden, werden ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht, Menschen gefoltert und vergewaltigt. Im Krieg herrscht weniger Vernunft, sondern viel mehr Gewalt und Leidenschaft.
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