In der Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ vergleicht Michael Sievernich SJ die beiden Reformatoren und kommt zu überraschendem Ergebnissen. „Der Monat Mai im Jahr 1521 sollte ihr Schicksalsjahr werden, da beide ihre äußere Bewegungsfreiheit verlieren, der eine durch Reichsacht, konfiniert auf der Wartburg; der andere durch Kriegsverwundung als Rekonvaleszent auf seiner Wohnburg Loyola. Doch beide gewinnen eine neue innere Freiheit, sei es durch Erfahrung der göttlichen Gerechtigkeit (Röm 1,17) oder durch Zuflucht bei Gott allein (solo Dios). Beide legen ihre Kleidung ab, Luther den Mönchshabit, Loyola die adelige Kleidung und das Schwert. Beide machen Übungen: Junker Jörg Übersetzungen der Heiligen Schrift, der Pilger Iñigo spirituelle Übersetzungen beim Dienst am Wort. Innere Anfechtungen und äußere Verfolgungen bleiben ihnen nicht erspart, weil beide unter Häresieverdacht gerieten; bei Luther mit den Folgen der Exkommunikation, bei Loyola verliefen mehrere Inquisitionsprozesse im Sande.“
Auch zitiert er den Frühneuzeithistoriker Heinz Schilling aus seinem Buch „Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs“ (Seite 156): „Auf lange Sicht sollte sich zeigen, dass der von Jesuiten eingeschlagene Weg der inneren Erneuerung nicht weniger erfolgreich und für die konfessionelle Kultur der europäischen Neuzeit prägend war als der von Luther begründete und von anderen Reformatoren, namentlich Calvin, eigenständig mitgeprägte Protestantismus. So lässt sich Ignatius von Loyola, der Gründervater der Jesuiten, der seinen Orden und mit diesem den römischen Reformprozess wie kein zweiter prägte, angesichts seiner weltgeschichtlichen Wirkung als dritter Reformator Luther und Calvin zur Seite stellen.“
Artikel in der Stimmen der Zeit
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