Archiv der Kategorie: Anamnese

Er verbindet Jenseits und Diesseits

Das Christentum ist eine Religion der Gegenwart. Die geschichtlichen Ereignisse und die Person Jesus Christus werden in der Christenheit gegenwärtig. Der Garant dafür ist der Heilige Geist, der das Vergangene lebendig macht. Wenn wir im Heiligen Geist leben, wird uns Jesus zu einem Freund, der trotz seines Todes unsere Gegenwart bereichert. Ich persönlich kann eine Freundschaft mit Jesus pflegen, obwohl er vor 2000 Jahren gestorben ist.
Auch unsere Toten, die in die Herrlichkeit vorausgegangen sind, werden gegenwärtig. Der Heilige Geist holt sie in unsere Gegenwart. Er ist der wunderbare Verbinder zwischen Jenseits und Diesseits.

Ultra-Orthodox-Katholische und der Heilige Geist

Pius X. führte 1910 den Antimodernisteneid ein

Es soll alles so bleiben wie es ist. Priester, Bischöfe und Papst sollen alles bestimmen. Die Priester dürfen weiter nicht heiraten, die Homosexuellen dürfen keinen Partner haben, die Frauen dürfen nicht Diakoninnen werden, die Lesben dürfen keine Partnerin haben, liebende, nicht verheiratete Paare bekommen keinen Segen. Es soll alles so bleiben wie es ist. Einige haben sich in dieser ultra-orthodox-katholischen Welt eingerichtet.

Sie sagen: „Die anderen leben eben anders.“ „Wir leben katholisch.“ „Die anderes wollen sollen zu den Evangelischen gehen.“ „Die Kirche darf sich nicht an den Zeitgeist und an die Welt anpassen.“ „Die Bischöfe, die etwas anderes wollen, spalten die Kirche.“ „Alle, die sich nicht an unsere Regeln halten, sollen gehen.“

Diese Ultra-Orthodox-Katholischen vergessen aber den Heiligen Geist und die Erinnerung an Jesus. Sie leben mit den alten katholischen Regeln wie Kinder, denen die Eltern sagen, was richtig und falsch ist. Der Geist Jesu will aber, dass wir erwachsene und reife Menschen werden.

Weiterlesen

Heiliger Geist? Wer ist das?

Michael Böhnke, Professor aus dem bewegenden Wuppertal bringt mir eine Sichtweise, die meinem christlichen Leben Geist und Kraft gibt. Seine drei Bücher über den Heiligen Geist haben mich begeistert. Sie holen Vergessenes in die Gegenwart und beantworten Fragen, die im Christentum so noch nie beantwortet wurden. Für meinen Blog hat er einen Vortrag zur Verfügung gestellt, den er 2016 vor der Seelsorgeamtsleiterkonferenz gehalten hat und der seine aktuellen Untersuchungen darstellt. (HD)

Eberhard Busch hat berichtet, dass Karl Barth 1967 in einem Kolloquium über die Offenbarungskonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils den damals in Tübingen lehrenden Professor Ratzinger mit einer Frage verblüfft habe. Er wollte wissen, „ob die römisch-katholische Kirche vielleicht Angst vor dem Heiligen Geist habe: ‚Warum spielt die Tradition, auch wenn sie jetzt neu verstanden ist, immer noch eine so tragende Rolle für die katholische Kirche? Kommt das etwa aus einer Angst vor dem Heiligen Geist? Lieber Herr Ratzinger, ich frage nur, und Sie werden sich das wohl auch selbst fragen, ist Ihre Kirche vielleicht aufgebaut auf der Flucht vor dem Heiligen Geist?‘“[3]

Karl Barth

Zum Kontext dieser Anfrage ist zweierlei zu bemerken: Erstens hat Karl Barth erst in seinen letzten Lebensjahren – er ist 1968 verstorben – den Heiligen Geist wirklich entdeckt. Zwar findet sich bei Barth eine Pneumatologie, doch wird man diese als christozentrisch und in gewisser Weise als geistvergessen charakterisieren müssen. Im Rahmen seines Offenbarungsdenkens begegnet der Geist bei Barth als Kraft der Selbstvergegenwärtigung Jesu Christi. Er ist die „‘Selbstbezeugung Jesu‘ Christi“.[4] „Man kann vom Heiligen Geist und seinem Werk grundsätzlich und allgemein tatsächlich nicht mehr als dies sagen, dass er die Macht ist, in der Jesus Christus sich selbst bezeugt“, heißt es in der Kirchlichen Dogmatik.[5]

Erst im 1968 erschienenen Nachwort zur Schleiermacherauswahl formuliert Barth, dass man die gesamte Dogmatik pneumatologisch reformulieren könnte und sollte.

Joseph Ratzinger

Zweitens: Es ist unbedingt zu würdigen, dass sich Joseph Ratzinger um die Neuformulierung des Offenbarungsverständnisses und um die neue Sicht der Tradition, die durch die Dogmatische Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils Dei Verbum in der römisch-katholischen Kirche lehramtliche Geltung erlangt haben, verdient gemacht hat. Allerdings hat meinem Eindruck zufolge die Tradition während der Zeit seiner römischen Regentschaft – trotz der von ihm wiederholt betonten Vorordnung der Schrift vor Tradition und Lehramt – unter dem Label der Tradierung des Glaubens die Ausrichtung der Kirche dominiert. Ich nenne nur einige Beispiele: Die hohe Bedeutung, die er der Katechese beigemessen hat und die Wiederauflage der Textgattung Katechismus, die Grundsätze zur Konzilsinterpretation, das Entgegenkommen im Gespräch mit den Piusbrüdern, die liturgischen Reformen, all das ist vom Bemühen um Kontinuität geprägt. Das die Pastoral lange beherrschende Thema der „Weitergabe des Glaubens“ gehört dazu. Es setzt, anders als die für eine lokale Kirchenentwicklung stehende Formel der „Bezeugung des Glaubens“[6] ebenfalls auf Kontinuität als bewahrendes Element.[7]

Papst Franziskus

Nach drei Jahren Franziskus wird langsam deutlich, dass der Aspekt der Kontinuität und damit verbunden die der Tradition geltenden Sorge ein Übergewicht bekommen haben dürfte. So wird Franziskus unter diesem Aspekt bisweilen durch die Glaubenskongregation daran erinnert, dass die bewährte kirchliche Lehre nicht aufgegeben oder aufgeweicht werden dürfte. Das Normative hat sich mit dem Vergangenen verbündet. Das Künftige ist mit Franziskus allenfalls prophetisch erahnbar und durch die Hermeneutik der Barmherzigkeit präsent. Die scharfe Frage von Barth hat sich auch fünfzig Jahre später noch nicht erledigt: „…ist Ihre Kirche vielleicht aufgebaut auf der Flucht vor dem Heiligen Geist?“

***

Weiterlesen