Wir wissen es. Scheidung ist bei einer katholischen Ehe schwierig. Scheidung gibt es nur beim Privilegium Petrinum oder beim Privilegium Paulinum. Sonst gibt es die Annullierung der Ehe. Bei einer Reform des katholischen Eherechts ist meiner Meinung nach auch zu fragen, wie das zurzeit Jesu war. Geschiedene Frauen hatten zurzeit Jesu keine soziale Absicherung. Ein Mann konnte seiner Frau wegen einer Nichtigkeit wie angebranntes Essen einen Scheidebrief ausstellen. Sie war dann auf sich gestellt, wurde versklavt oder Prostituierte. Jesus wollte nicht, dass Männer ihre Frauen in die Armut stürzen. Das ist der Grund, warum er das mosaische Ehegesetz und die männerdominierte Ehescheidung ablehnte.
Oh, wir Männer!
Auch in meinem Bekanntenkreis verlassen eher die Männer die Frauen. Ein berufstätiger Ehepartner ohne Kinder muss in Ö dem nichtberufstätigen 33% des Nettoeinkommens als Trennungsunterhalt bezahlen. Aktuell werden rund 90% der Scheidungen im Einvernehmen vollzogen, denn die meisten Ehepaare möchten auf Rosenkriege und Zank verzichten. Die Sehnsucht nach einer Zweierbeziehung bleibt groß.
Heilend
Wenn ich von meinem Ehepartner geschieden bin, kann ich zur Kommunion gehen, ist doch die Eucharistie ein Sakrament, in dem Gott heilend zu mir kommt. Wenn ich wieder heirate, so verbinde ich mich neu mit einem Menschen. In den Orthodoxen Kirchen gibt es dazu einen einfachen Segen und ich kann zur Kommunion gehen. Nach Papst Franziskus ist es auch in der katholischen Kirche nach Gesprächen mit dem Priester möglich, zur Kommunion zu gehen. (Link zu Papst Franziskus)
Die Frau spendet das Sakrament
In katholischer Auffassung ist die Ehe eines der sieben Sakramente, bei denen die Eheleute zum Gottesmedium werden. Durch die Ehefrau kommt Gott mit seinem Segen und seiner Zuwendung zum Ehemann. Durch den Ehemann kommt Gott mit seinem Segen und seiner Zuwendung zur Ehefrau. Das passiert, wenn die Eheleute das auch wollen. Was ist, wenn sie es nicht mehr wollen? Wer ist dann ein Gottesmedium für sie? Inwiefern kann die eine zweite Ehe ein Sakrament mit sein? Können dann die zwei Menschen füreinander Sakramentenspender, Sakramentenspenderinnen und Gottesmedien sein?
Was hält Paare zusammen?
Der Arzt und Psychotherapeut Jürg Willi schreibt über die Paarbeziehung: „Ich glaube, auch in Zukunft wird ein großer Teil der Erwachsenen das Leben in einer dauerhaften Paarbeziehung anstreben, weniger aus ethisch-moralischen Erwägungen oder wegen gesellschaftlicher Leitbilder als vielmehr wegen der Beschaffenheit des Menschen selbst. Um das sichtbar zu machen,“ wählt Jürg Willi einen psychologischen Ansatz, „der den Menschen als ökologisches Wesen, als Beziehungswesen begreift, das in der Auseinandersetzung mit Mitmenschen seine Kräfte entfaltet und strukturiert, das in Beziehungen seine Identität findet und seine Persönlichkeit entfaltet. Die tiefste und persönlichste Beziehungserfahrung im Erwachsenenleben ist die Liebesbeziehung.“ (Quelle: Jürg Willi, Was hält Paare zusammen? Der Prozess des Zusammenlebens in psycho-ökologischer Sicht. Hamburg 1991, S. 326. Link)
Trennen und verbinden
Der Satz „Was Gott verbunden hat, kann der Mensch nicht trennen“ (Markus 10,9) beziehen viele auf die Ehe. Aber wenn sich ein Mann und eine Frau in freier Entscheidung verbinden, dann ist es vorerst nicht einsichtig, dass diese Verbindung Gott zusätzlich verbindet. Sakramental ist die Ehe durch die Zusage Gottes, dass er durch die Frau zum Mann und durch den Mann zur Frau kommt. Aber dadurch verbindet er diese Beziehung nicht zusätzlich. Es ist wie bei den anderen Sakramenten. Wenn der Priester einer kranken Person die Krankensalbung spendet, verbindet Gott den Priester auch nicht mit der kranken Person. Eine andere Überlegung stammt aus dem Matthäusevangelium. Jesus gibt da seinen Freunden die Ermächtigung zu binden und zu lösen: Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein (Mt 18,18). Kann das auch eine Ehe betreffen, wenn beide sozial abgesichert sind?
Der Geist führt uns in die ganze Wahrheit ein
Ich denke, man sollte den Geist Gottes herbeirufen, damit diese Fragen geklärt werden können. Wir haben in der Christenheit eine lange Geschichte des Geistes seit Pfingsten, die uns immer wieder neu überraschte. Auch die Ausbildung der sieben Sakramente, die Gottesdienste und das gesellschaftliche Zusammenleben änderten sich unter dem Heiligen Geist und werden auch in Zukunft neue Gestalten annehmen. Da ist es wichtig, den Heiligen Geist, der uns in der ganzen Wahrheit leitet (Joh 16,13), zu rufen.
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